Schlaf
Schlaf – oder ein Zustand der äußeren Ruhe – ist ein notwendiger und physiologischer Bestandteil unseres Lebens. Im Schlaf erholen wir uns von psychischen und physischen Strapazen des Alltags und verarbeiten Erlebnisse der Wachphasen. Dabei sinken die Körpertemperatur, die Atem- und Pulsfrequenz sowie auch der Blutdruck. Auch die Gehirnaktivität ändert sich – es wird dabei von überflüssigen Informationen „gereinigt“, positive wie negative Erfahrungen werden eingeordnet, das Arbeitsgedächtnis inklusive Entscheidungsfindung wird gestärkt.
Im Laufe des Lebens ist der Schlaf deutlichen Veränderungen unterworfen. Während die Säuglinge bis zu 18 Stunden und die Kleinkinder täglich von 13-einhalb bis elf Stunden abnehmend mit zunehmendem Alter an Schlaf brauchen, reduziert sich das Schlafbedürfnis bis zum 18. Lebensjahr auf ca. sechs bis zehn Stunden täglich. Dieses Plateau bleibt dann bestehen und verringert sich im höheren Alter. Dennoch hat jeder von uns eine innere Uhr, die uns ins Bett führt, morgens weckt und bestimmt, ob wir ein Morgentyp oder ein Abendtyp sind. Die innere Uhr ist im Durchschnitt, evolutionär gesehen, nach dem Sonnenstand orientiert, deshalb steigt unsere Aktivität mit Sonnenschein und lässt zum Abend nach. Nach Meinung der Schlafforscher ist von einem schlafgesunden Menschen auszugehen, wenn dieser sich bei einer täglichen Schlafdauer von vier bis zwölf Stunden wohlfühlt.
Die Funktionen des Schlafes sind bis jetzt nur zum Teil aufgeklärt. Es ist aber unumstritten, dass Menschen und Tiere schlafen müssen, um zu überleben. Wir „verschlafen“ etwa ein Drittel unseres Lebens. Der Schlafentzug ist eine Foltermethode. In einer experimentellen Schlafentzugsstudie wurde bekannt, dass nach 24-65 Stunden die Versuchspersonen psychische Störungen aufwiesen, von einer Reizbarkeit bis zu optischen und taktilen Halluzinationen. Der gesunde Schlaf fördert demgegenüber die Wundheilung und steigert den Stoffwechselumsatz. Im Schlaf kommt es sowohl zur Energieeinsparung, als auch, vor allem im Tiefschlaf, in einigen Hirnarealen zu einer deutlichen Energiespeicherung
Schlafmedizin
Bereits der griechische Arzt Hippokrates und die Philosophen Platon und Aristoteles versuchten die Unvermeidlichkeit des Schlafs zu erklären. „Schlaf und Wachheit sind als Krankheit zu betrachten, wenn sie im Übermaß auftreten“, so Hippokrates, ca. 400 v. Chr. Die moderne Schlafmedizin beginnt ihren Weg seit ca. 1920, als erste Elektroenzephalographie-Untersuchungen (EEG) im Schlaflabor durchgeführt wurden.
Die Schlafmedizin erforscht die Norm des Schlafs und die krankhaften Abweichungen von der Norm. Es sind mittlerweile mehr als 80 klinische Schlafstörungen bekannt, die zu Beschwerden auch am Tage führen. Auch beschäftigt sich die Somnologie damit, die genaueren Informationen über die evolutionären Ursachen des Schlafes zu ermitteln.
Indikationen zur ambulanten Schlafuntersuchung
Leiden Sie an exzessiver Tagesmüdigkeit, eingeschränkter körperlichen und/oder geistigen Leistungsfähigkeit und Konzentrationsschwäche? Hat Ihr Bettpartner/-in Ihnen über Ihre Atemaussetzer im Schlaf berichtet oder sich über Ihr starkes und unregelmäßiges Schnarchen beschwert? Werden Sie selbst nachts manchmal oder sogar häufig plötzlich wach und verspüren dabei ein Herzstolpern oder Herzrasen, durch ein Angstgefühl begleitet? Sinkt Ihr Blutdruck nachts nicht oder erhöht sich sogar? Haben Sie wiederkehrende Ein- und Durchschlafstörungen? Sonst nicht zu erklärende Stimmungsschwankungen? Oder einen nicht erholsamen Schlaf zu beklagen?
Dann ist die ambulante Schlafuntersuchung, ein sogenanntes Schlafapnoescreening oder Polygraphie, angezeigt und kann in unserer Praxis durchgeführt werden.
Durchführung des Schlafapnoescreenings
Es wird zuerst eine Schlafvorgeschichte ärztlich erhoben und Sie fühlen einen Fragebogen zum Schlaf aus, in dem Sie Ihre Schlafneigung am Tage nach einer Scala von 0 bis 4 einschätzen sollten. Das ist ein subjektiver, beeinflussbarer Anteil der Schlafdiagnostik. Auch werden Ihr Rachen, Gebiss und der Nasenatem ärztlich inspiziert. Wir werden auch Ihre Körpergröße und das aktuelle Gewicht benötigen. Am Tag der Messung sollten Sie ab 14 Uhr auf koffeinhaltige Getränke wie Kaffee, Tee, Cola (auch Cola light) verzichten und tagsüber nicht schlafen.
Für die objektive, nicht beeinflussbare, Schlafdiagnostik erhalten Sie dann ein mobiles Gerät (siehe Abbildung), welches im Schlaf den Atemfluss und die Schnarchereignisse durch die Nasenbrille, die Brust- und Bauchdeckenbewegung durch Gürtel sowie den Puls und die Sauerstoffsättigung im Blut durch den Pulsoxymeter, angebracht an den Zeigefinger nicht führender Hand, ableitet und aufzeichnet. Durch einen Sensor im Gerät selbst werden auch die Körperlage und der Körperwechsel im Schlaf ermittelt. Nach Erläuterungen des medizinisch-technischen Fachpersonals sind Sie dann selbst in der Lage, das Gerät zu Hause anzulegen und für eine Nacht in heimischer Schlafumgebung zu tragen. Dabei sollten Sie sich im Bett wie immer liegen und sich beliebig umdrehen, ohne sich durch das Gerät einschränken zu lassen. Die Anbringung der Technik und die Durchführung der Untersuchung sind mit keinerlei Schmerzen verbunden. Das Screengerät sollte mindestens 6 Stunden alle notwendigen Parameter über die Nacht aufzeichnen, damit die Untersuchung plausibel und bewertbar ist.
Mit dem Aufnahmegerät sollten Sie schonend umgehen und am nächsten Werktag sorgfältig verpackt und vollständig zurück in die Praxis wieder bringen. Das Gerät wird eingelesen. Das kumulative Ergebnis, bestehend unter anderem aus dem Apnoe-Hypopnoe-Index, durchschnittlicher Sauerstoffsättigung und –entsättigung, Schnarchindex, liefert die ersten Hinweise auf die Ursache einer schlafbezogenen Atmungsstörung (SBAS), vor allem über ein Schlafapnoesyndrom, zentral, obstruktiv oder gemischt bedingt. Die Ergebnisdetails sowie deren diagnostischen und therapeutischen Konsequenzen werden Ihnen ärztlich im persönlichen Gespräch erläutert. In vielen Fällen reicht die Untersuchung über ein solch ambulantes Verfahren aus.
Was dann?
Das ambulante Schlafapnoescreening ist eine orientierende Untersuchung der Schlafqualität und beherbergt auch einige Nachteile. So wissen wir z. B. nicht, ob Sie tatsächlich schliefen. Nur anhand eines im Wachzustand und im Schlaf unterschiedlichen Kurvenverlaufs nehmen wir das stark an. Es werden auch keine Bewegungen der Gliedmaßen oder Hirnsignale abgeleitet.
Falls schlafbezogene Atemstörungen registriert werden, dann ist es je nach Ergebnis und Diagnose enweder eine operative Behandlung bei einem HNO-Arzt oder eine weiterführende Diagnostik im Schlaflabor notwendig, welche in besonders schweren Fällen auch durch uns veranlasst und terminiert wird. Laut einer im Januar 2016 durchgeführten Studie profitieren ca. 90% der Patienten durch die Erweiterung des Gaumenringes per Entfernung der Mandeln und Weichgaumenkürzung bzw. Zungengrundresektion. Das heißt – durch diese HNO-Operation sinkt deutlich die Anzahl der Atemaussetzer bzw. flacher Atemzüge und die Schlafqualität bessert sich eindeutig. Ein Drittel der Operierten profitiert allerdings lt. Studie von der Operation nicht. Vor allem ist die HNO-Operation bei der nicht bzw. nur gering übergewichtigen Patienten mit Atemaussetzer und einer Rachenenge als sicher und effektiv (64,5 % der Patienten benötigten nach operativer Intervention keine weitere Therapie mehr) einzustufen.*
Nicht nur schlafbezogene Atemstörungen können Auslöser Ihrer Beschwerden sein. Falls keine schlafbezogenen Atemstörungen registriert werden, ist es manchmal sinnvoll sich weiter fachärztlich, z.B. beim Neurologen oder Kardiologen, untersuchen zu lassen. Auch kommt in Frage die Zahnärztliche bzw. psychoneurologische Vorstellung. In vielen Fällen, insbesondere bei einem sogenannten habituellen oder harmlosen Schnarchen, ist die Gewichtsreduktion sehr hilfreich.
*https://www.aerzteblatt.de/archiv/173431/Tonsillektomie-mit-Uvulopalatopharyngoplastik-bei-obstruktiver-Schlafapnoe